Die Grenzen der Justiz: Die deutschen Nachkriegsprozesse zwischen Gerechtigkeit und politischen Herausforderungen

Sophie Bumann, Paula Luengo Wiewel

Schulen: Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium; Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium;
Jahrgangsstufen: 10
Beitragsart: Textbeitrag
Vorhandene Dokumente: Beitrag,
Wettbewerb: Bis hierhin und nicht weiter!? Grenzen in der Geschichte (2024-2025) (Detail)
Zeitraum von: 1933
Zeitraum bis: 1958
Signatur: None
Umfang: 27 S.
Auszeichnungen: nicht erfasst
Untersuchte Orte: Auschwitz / Auschwitz-Birkenau, Münster
Persönlichkeiten: Kremer, Johann Paul
Institutionen: nicht erfasst
Tutoriert: Ja
Beitragszusammenfassung:

Der Beitrag gibt zunächst einen quantitativen Überblick über die bundesdeutschen NS-Prozesse und soll laut den Autor*innen anhand der Prozesse gegen den SS-Arzt Johann Paul Kremer, der im Konzentrationslager Auschwitz Selektionen, Vergasungen und medizinische Experimente an Häftlingen durchführte, juristische und politische Grenzen in den deutschen Justizprozessen untersuchen. Als Material dienen v. a. die Veröffentlichung „Die Strafverfolgung von NS-Verbrechen durch westdeutsche Justizbehörden seit 1945“ von Andreas Eichenmüller und Edith Reim, Statistiken des Instituts für Zeitgeschichte und die Akten zum Fall Kremer aus dem Landesarchiv in Münster. In der historischen Darstellung werden Justizverfahren in der Bundesrepublik umfassend statistisch ausgewertet und z. T. Einflussfaktoren genannt wie bspw. Gründung der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen oder der Öffnung bestimmter Archive. Anschließend wird die Biografie Kremers und seine Einbindung in die NS-Strukturen sowie seine Verbrechen in Auschwitz anhand von Selbstzeugnissen (Tagebuch) über die ausgewerteten Akten vorgestellt. Der Beitrag erläutert, wie Kremer zunächst im ersten Auschwitzprozess vor dem Obersten Gerichtshof Polens 1947 zum Tode verurteilt wurde, wegen eines Gnadengesuchs jedoch eine lebenslange Haftstrafe erhielt und 1958 wegen guter Führung entlassen und in die BRD abgeschoben wurde. Vergleichend stellt der Beitrag dar, wie Kremer in Münster erneut angeklagt und zu einer Gesamtzuchthausstrafe von zehn Jahren verurteilt wurde, die aber durch die Haftstrafe in Polen bereits als abgegolten anerkannt wurde. Die Autor*innen betrachten Kremers Fall als Beispiel für Mängel in der „Strafverfolgung von NS-Verbrechen in Deutschland“, das die Überschreitung moralischer, gesellschaftlicher und rechtlicher Grenzen aufzeige. Besonders die Unterschiede zwischen dem polnischen und dem deutschen Prozess im Konkreten sowie die niedrige Anzahl von Verurteilungen insgesamt verdeutlichten nach Ansicht der Verfasser*innen die rechtlichen Grenzen bei der Aufarbeitung von Kriegsverbrechen durch die deutsche Nachkriegsjustiz. Der Beitrag enthält das Verzeichnis der Archivalien und der Sekundärliteratur sowie den Hinweis auf ein von den Verfasser*innen veröffentlichtes eBook unter dem Titel „Welche Grenzen der Menschlichkeit überschritt Kremer?“. Ferner liegt ein Forschungsbericht bei.