Masematte als sprachliche Aus- und Abgrenzung
Henri Isert, Hasan Mohamad, Fridolin Rabe, Janne van Bentem
Der Videobeitrag untersucht den einzigartigen Münsteraner Soziolekt der "Masematte" sowie insbesondere dessen (Entstehungs-)Geschichte. Die Autor*innen beschreiben die Anfänge der Sprache um 1870 und dessen Prägung durch marginalisierte Gruppen wie Gastarbeiter*innen, Sinti, Roma und jüdischen Händler*innen. Hierbei sei Masematte nicht nur als Kommunikationsmittel, sondern auch als Ausdruck von Identität, Widerstand und kulturellem Zusammenhalt gewesen. Besonders verbreitet sei sie damals bei Händler*innen und Handwerker*innen gewesen, um sich unbemerkt abzusprechen und um Informationen vor der Öffentlichkeit oder den Arbeitgeber*innen zu verheimlichen. Dementsprechend sei allerdings die Sprache auch oft mit sozialer Stigmatisierung verbunden gewesen, da die Sprecher*innen häufig mit Kriminalität in Verbindung gebracht wurden und in prekären Verhältnissen gelebt haben. Sprüche wie "Tasche Brink und Ribbergasse, Messerstecher erster Klasse" unterstreichen laut den Autor*innen diese Stigmaisierung erneut. Die systematische Verfolgung während des Nationalsozialismus führte zum nahezu vollständigen Verschwinden der ursprünglichen Sprecher*innen der Masematte. Die Zerstörung der sprachlichen Gemeinschaft und der sozialen Strukturen in Münster hatte laut den Autor*innen gravierende Auswirkungen auf die Sprache, die in der Nachkriegszeit eine neue Rolle als Symbol der Identität für Münsteraner*innen einnehmen sollte. So hat die Sprache heute ihre Funktion als Geheimsprache verloren, wird jedoch als kulturelles Erkennungsmerkmal weiterverwendet. Begriffe aus der Masematte finden die Autor*innen in der lokalen Popkultur, in Kneipen und sogar im Fußballverein der Stadt, woraufhin sie auch die Frage nach kultureller Aneignung in den Raum stellen.