„Grieß ock scheen derrheeme“ Territoriale und soziale Grenzerfahrungen bei Heimatreisen schlesischer Heimatvertriebener in die ehemaligen deutschen Ostgebiete infolge der „Neuen Ostpolitik“
Lionel Laukötter
Der Beitrag untersucht das Phänomen der sogenannten „Heimreisen“ deutscher Familien, die im Umfeld des Zweiten Weltkriegs ihre ursprüngliche Heimat im heutigen Polen verlassen hatten, im Kontext der „Neuen Ostpolitik“. Dabei werden die politischen Bedingungen der Reisen sowie ihre Bedeutung für die Reisenden und die Interaktion mit der polnischen Bevölkerung untersucht. Nach einer historischen Einordnung in die Geschichte Polens seit den polnischen Teilungen bis in die 1970er Jahre rekonstruiert der Beitrag anhand von Interviews die „Heimreisen“ der Familie des Verfassers nach Walim (vormals Wüstewaltersdorf) und Wałbrzych (vormals Waldenburg), wobei auf die Reiseorganisation, Erfahrungen von Wiedersehen und Verlust, sprachliche und kulturelle Herausforderungen sowie die sozialen Verhältnisse vor Ort eingegangen wird. In einem zweiten Schritt fragt der Beitrag nach der Repräsentativität dieser Reiseerfahrungen für die „Heimreisen“ der 1970er, v. a. anhand von Studienergebnissen von Corinna Felsch über westdeutsche Fahrten nach Polen zwischen 1970 und 1990. Vergleichskriterien des Beitrags sind Zeitpunkt und Reiseroute, die in den Kontext von Reiseerleichterungen im Zuge der Neuen Ostpolitik gesetzt werden, Kontakte zur polnischen Bevölkerung und Konfrontation mit Vorurteilen sowie die Gefühle von Heimreisenden, insbesondere die Wahrnehmung des Grenzübertrittes und die Deutung des Reiseziels als „Heimat“/“Ausland“.