Mennonitische Gemeinden im russischen Zarenreich. Wie veränderte sich die wirtschaftliche und religiöse Situation der mennonitischen Gemeinden von Katharina der Großen bis zur Februarrevolution?

Gerald Matis

Schulen: Freiherr-vom-Stein-Gymnasium;
Jahrgangsstufen: 9
Beitragsart: Textbeitrag
Vorhandene Dokumente: Beitrag, Arbeitsbericht
Wettbewerb: Gott und die Welt. Religion macht Geschichte (2016-2017) (Detail)
Zeitraum von: 1762
Zeitraum bis: 1917
Signatur: 4 SAB 1258
Umfang: 20 S.
Auszeichnungen: nicht erfasst
Untersuchte Orte: Gdańsk, Sowjetunion
Persönlichkeiten: Katharina die Große
Institutionen: nicht erfasst
Tutoriert: Ja
Beitragszusammenfassung:

Die Eltern des Verfassers sind im Alter von 17 Jahren nach Deutschland migriert, da sie in der Sowjetunion keine wirtschaftliche Perspektive vor Augen hatten. Daher befasst sich der Schüler in seinem Beitrag damit, wie die sozioökonomische Stellung der Mennoniten sich auf dem Gebiet des heutigen Russlands im ‚langen 19. Jahrhundert‘ veränderte. Nach einer kurzen Betrachtung der mennonitischen Freikirche, für die ihm deren Ablehnung der Verschränkung von Religion und Machtpolitik von zentraler Relevanz erscheint, periodisiert er die Abschnitte seiner Betrachtung einer insgesamt seiner Ansicht nach bzw. an heutigen Maßstäben gemessenen misslungenen Integrationspolitik dabei gemäß der jeweils Herrschenden. Angeworben infolge der Landerschließungspolitik Katharina der Großen, die unter anderem auf Einwanderer setzte, kamen die ersten Mennoniten 1786/87 auf damaligem russischem Territorium an. Gründe für die Migration vieler Mennoniten – vor allem in Richtung Großraums Danzig – macht der Verfasser unter Verweis auf Fachliteratur einerseits in den Starthilfen und -bedingungen, die Katharina ihnen zugestand, andererseits in der schlechter werdenden Lage im Heimatland Preußen aus. Konnte Katharina die Große ihre Versprechen häufig nicht einlösen, besserte sich die Lage der Mennoniten unter ihrem Sohn, Paul I., auch wenn der Verfasser sie immer noch nicht als ‚gut‘ bewertet. Dessen Nachfolger, Alexander I. kürzte die Leistungen, die Einwanderer erwarten durften wieder etwas, sodass sich unter seiner Herrschaft häufig homogene Einwanderer-Gemeinschaften bildeten, die Neuankömmlinge aufnahmen und versorgten. Die Landreformen unter Nikolaus I., die vor allem das Erbrecht betrafen, sorgten hingegen nach Ansicht des Verfassers für eine Spaltung der Gesellschaft in Erben und Mittellose, die durch das Bevölkerungswachstum noch verschärft wurde. Der 1855 bis 1881 herrschende Alexander II. stellte die Mennoniten dagegen vor eine wegweisende Entscheidung: Seine Einführung der Wehrpflicht lief den religiösen Überzeugungen der Freikirchler zutiefst zuwider – viele wanderten in die USA aus. Wer jedoch blieb erlebte unter seinem Nachfolger Alexander III. nicht nur die Einführung eines Zivildienstes, sondern ebenfalls eine Verbesserung der sozioökonomischen Lage angesichts der nun spürbaren Folgen der Industrialisierung. Dieser Verbesserung trat jedoch auf ideologischem Gebiet eine Verschärfung entgegen: Antideutsche Stimmungen, vor allem mit Beginn des Ersten Weltkriegs, richteten sich in besonderer Härte gegen die Mennoniten, da diese als Wehrdienstverweigerer unter erhöhtem Verratsverdacht standen. Die Liquidation ihrer Gemeinden, die Nikolaus II. beschlossen hatte, wurde nur infolge des Sturz‘ des Zaren verhindert.