Weiße Ehe. Ein gesellschaftlicher Skandal oder einfach nur eine Geschmacksverwirrung?
Jannik Dieter, Felicitas van Laak
1979 wurde im Kleinen Haus der Städtischen Bühnen Münster das Theaterstück „Weiße Ehe“ des polnischen Autors Tadeusz Rózewicz aufgeführt. Da das Stück Geschlechterrollen, vor allem in Hinblick auf sexuelle Emanzipation, thematisierte, wurde es von der Münsteraner Bevölkerung seinerzeit gering geschätzt. Sowohl seitens Institutionen wie der katholischen Kirche als auch weiten Teilen der Münsteraner Presse wurde mit Empörung auf die Aufführungen reagiert. Interviews mit drei Zeitzeugen aus der Mitte der Gesellschaft (zu der Zeit Zivildienstleistender, Kaufmann und Lehramts-Referendarin) machen deutlich, wie sehr strikte gesellschaftliche Etikette und starre Vorstellungen den Rahmen des sozial Akzeptierten formten. Das Sexualität thematisierende und die vorherrschende Moral hinterfragende Stück überstieg damit diesen Rahmen. Eine vehemente Skandalisierung blieb nach Ansicht der Verfasser jedoch aus, da das gering geschätzte Werk bald totgeschwiegen wurde.