Wie die Münsteraner ihren Rickey lieben lernten… Proteste gegen moderne Kunst in der Stadt Münster und ihre Folgen

Vera Schemann

Schulen: Kardinal-von-Galen-Gymnasium;
Jahrgangsstufen: 9
Beitragsart: Textbeitrag
Vorhandene Dokumente: Beitrag, Arbeitsbericht
Wettbewerb: Aufbegehren, Handeln, Verändern. Protest in der Geschichte (1998-1999) (Detail)
Zeitraum von: 1967
Zeitraum bis: 1997
Signatur: 4 SAB 233
Umfang: 95 S.
Auszeichnungen: 2. Bundespreis
Untersuchte Orte: nicht erfasst
Persönlichkeiten: nicht erfasst
Institutionen: nicht erfasst
Tutoriert: Ja
Beitragszusammenfassung:

Die Stadt Münster wollte seit den 60er Jahren Werke der modernen, zeitgenössischen Kunst kaufen und im Stadtgebiet aufstellen. Dazu wurde eine Kunstkommission ins Leben gerufen und es wurden jährlich 10.000 DM bereitgestellt. Als 1975 schließlich eine Plastik erworben werden sollte, regte sich so heftiger Widerspruch in der Bevölkerung, dass eine Mehrheit im Stadtrat für den Kauf des Kunstwerks fraglich wurde. Daraufhin erwarb die Westfälische Landesbank das Objekt und schenkte es der Stadt Münster. Die kritischen Stellungnahmen ließen nicht nach. In der Folge der Auseinandersetzungen um zeitgenössische Kunst organisiert die Stadt Münster seit 1977 alle 10 Jahre auf dem gesamten Stadtgebiet eine Ausstellung moderner Plastiken. Die Verf. hat die kritische Diskussion über Erwerb und Aufstellung moderner Plastiken sowie deren Folgen untersucht. Zunächst beschreibt sie die kinetische Plastik von George Rickey, die 1975 den Protest der Münsteraner auslöste. Detailliert zeichnet sie die Leserbriefdiskussionen in den Lokalzeitungen nach und setzt sich differenziert mit dem Hauptargument der Kritiker, fast 130.000 DM seien für die Plastik zu teuer, auseinander. Sprachlich gekonnt werden die Versuche eines Kegelclubs und der Belegschaft einer Bank geschildert, aus billigen Materialien preiswerte Nachbauten der kritisierten Plastik zu entwerfen und aufzustellen. Im Anschluss an die wenigen positiven Leserbriefe, kann die Verf. überzeugend darlegen, dass nicht nur das materielle Wohlergehen für die Lebensqualität in einer Stadt entscheidend ist. Schließlich schildert die Verf., wie als Reaktion auf die Ablehnung der kinetischen Plastik die Idee entstand, in Münster regelmäßig Ausstellungen moderner Kunstwerke zu organisieren. Sie geht ausführlich auf die kritisierten Objekte der Ausstellung 1977 ein und fragt sich, ob die 1987 und 1997 abnehmende Kritik ein Zeichnen für gewachsene Toleranz oder Gleichgültigkeit sei. Die Arbeit besticht vor allem durch die überlegte und intensive Recherche. So hat die Verf. viele Zeitzeugen interviewt und zahlreiche Leserbriefautoren angeschrieben und gebeten, sich mit dem zeitlichen Abstand von mehr als 20 Jahren noch einmal zu ihren damaligen Positionen zu äußern.