Die Briefe der Maria Rohrbach. Ein Skandal wird neu beleuchtet
Charlotte Tabea Brockmann
Der Mordfall an Hermann Rohrbach, dessen Leiche im April 1957 in der Münsteraner Aa gefunden wurde, bleibt bis in die Gegenwart ungeklärt. Die zunächst beschuldigte Ehefrau Maria Rohrbach wurde nach ihrer ersten Verurteilung 1958 zu lebenslanger Haft verurteilt, nach dreimaliger Revision 1961 aufgrund fehlerhafter Gutachten und somit unzulänglicher Beweisführung vor der ersten Verurteilung freigesprochen – auch weil in der Zwischenzeit der Kopf des enthaupteten Leichnams im Aasee auftauchte. Der vorliegende Beitrag will statt einer Revision der Aktenlage vor allem eine fiktionale Darstellung der Innenperspektive Maria Rohrbachs versuchen. Die Autorin nimmt dabei die Rolle Elfriede Masters‘ ein, einer Zeugin im Prozess, die Maria Rohrbach und ihren Geliebten, den britischen Soldaten Donald Ryan miteinander bekannt machte. Im Szenario des Beitrags hinterlässt Ryan Masters eine Kiste mit Erinnerungen zu Rohrbach, die unter anderem Briefe enthält, die Maria Donald zukommen ließ. Die Briefe, die eine ihren Mann verachtende, dennoch an dessen Ermordung unschuldige und immer verzweifeltere, schlussendlich zwar triumphierende, aber in ihrer Existenz zerstörte Maria Rohrbach darstellen, werden ergänzt durch Zeitungsartikel und Archivalien aus dem Prozessverlauf, sowie Erläuterungen zum historischen Hintergrund des Münsters der 1950er-Jahre. Dabei nimmt die Autorin eine kritische Haltung gegenüber den auf einen Skandal erpichten berichtenden Medien, sowie den sich in Widersprüchen verstrickenden Zeugen und Gutachtern ein.