Die Hausbesetzung der Frauenstraße 24. Ein zweiseitiger Skandal in der Mitte von Münster

Pablo Gottheil, Hanno Krümbelmann, Julian Thilo

Schulen: Johann-Conrad-Schlaun-Gymnasium; Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium; Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium;
Jahrgangsstufen: 10
Beitragsart: Textbeitrag
Vorhandene Dokumente: Beitrag, Arbeitsbericht
Wettbewerb: Ärgernis, Aufsehen, Empörung: Skandale in der Geschichte (2010-2011) (Detail)
Zeitraum von: 1971
Zeitraum bis: 1982
Signatur: 4 SAB 895
Umfang: 29 S.
Auszeichnungen: nicht erfasst
Untersuchte Orte: Frauenstraße 24
Persönlichkeiten: nicht erfasst
Institutionen: nicht erfasst
Tutoriert: Ja
Beitragszusammenfassung:

Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der ersten Hausbesetzung in der Geschichte Münsters als einem multiperspektivischen Skandal in drei Akten. Neben Untersuchungen der überlieferten Zeitungsartikel und hausbesetzerfreundlich eingestellten Flugschriften, suchten die Verfasser auch nach Interviewpartnern, wurden jedoch trotz Bemühungen in beide Richtungen mit Norbert Hacker nur in der Fraktion der Abrissgegner fündig, dessen Interview digitalisiert beiliegt, da die Makler und ehemaligen Besitzer Interviews verweigerten. 1971, zu einer Zeit, als Wohnungsnot und -preise in Münster bereits virulente Themen waren, kaufte der Immobilienmakler Stürmer ein Haus an der Frauenstraße 24, um es schnellstmöglich abzureißen und das Grundstück neu zu bebauen. Gegen diese Pläne regte sich jedoch Widerstand der Hausbewohner, die keinesfalls bereit waren, ihre günstigen Wohnungen aufzugeben. Gezielt suchte Stürmer nun, das Haus verkommen zu lassen und zerstörte sogar mutwillig Teile des Jugendstilbaus – für ihn war es ein Skandal, dass die Mieter seiner Räumungsaufforderung nicht nachkamen. Nachdem er das Haus per Gerichtsbeschluss teilrenovieren musste, erhielt Stürmer die Abbruchgenehmigung für das Gebäude. Als Reaktion darauf besetzten Wohnungssuchende, unterstützt von AStA, SPD, FDP und DKP, sowie dem Bischof das Haus und der Konflikt erhielt eine breite öffentliche Bühne. 1974 musste Stürmer dagegen Insolvenz anmelden. Das Haus wurde zwangsversteigert und vom Immobilienmakler Schmalt erworben. Trotz öffentlichen Protests entschied die CDU im Wohnungsausschuss der Stadt, die Abrissgenehmigung für die Frauenstraße 24 zu verlängern. Das aus Sicht von Abrissgegnern skandalöse Verhalten dieser Partei führte zu einer neuen Offensive gegen die politischen Entscheidungsträger, die von diesen jedoch als Skandal wahrgenommen wurde. Infolge des öffentlichen Drucks gab schließlich auch Schmalt seine Abrisspläne auf und meldete schließlich Konkurs an. Nach einer erneuten Zwangsversteigerung also war der Makler Ernst Eigentümer. Noch vor dem Ende eines durch ihn begonnenen Räumungsprozesses begab er sich mit Abbruchspezialisten in das Haus, was die Bewohner und Besetzer als Skandal wahrnahmen. Trotz Gerichtsbeschlusses im März 1979 und des politischen Einverständnis der CDU weigerten sich die Protestierenden auch weiterhin, das Haus zu räumen. Dieser anhaltende, in der Öffentlichkeit ausgetragene und von verschiedenen Zeitungen ausgiebig kommentierte Konflikt wird von den Verfassern der Arbeit nicht zuletzt als Grund für Stimmverluste der CDU bei den Wahlen im Mai 1980 gelesen. Infolge der erfolgreichen Besetzung und des schließlich eintretenden Denkmalschutzes für das Jugendstilhaus veräußerte Ernst die Immobilie 1982 an die Landesentwicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalens, die es an die gemeinnützige „Wohnstättengesellschaft Münsterland“ (heute: Wohnungsgesellschaft Münsterland) abtrat. Die Folgen der Ereignisse wirken nach Ansicht der Autoren bis in die Gegenwart nach, in der die Frauenstraße 24 mit ihrer Kulturkneipe im Erdgeschoss weiterhin beliebter Treffpunkt und eine Adresse für günstiges Wohnen ist.