Ein Wunder wird zum Konflikt. Wie die Stigmatisation Theresia Winters im Jahr 1846 die Geister in Dorsten bei Münster spaltete

Isabelle Schmoltzi

Schulen: Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium;
Jahrgangsstufen: 10
Beitragsart: Textbeitrag
Vorhandene Dokumente: Beitrag, Arbeitsbericht
Wettbewerb: Gott und die Welt. Religion macht Geschichte (2016-2017) (Detail)
Zeitraum von: 1844
Zeitraum bis: 1846
Signatur: 4 SAB 1275
Umfang: 61 S.
Auszeichnungen: 3. Bundespreis
Untersuchte Orte: Dorsten
Persönlichkeiten: Gossler, Pater Heinrich, Winter, Theresia
Institutionen: nicht erfasst
Tutoriert: Ja
Beitragszusammenfassung:

In ihrem umfangreichen und sprachlich beinahe einwandfreien Beitrag beschäftigt sich die Schülerin mit der lange Zeit vergessenen (angeblichen) Stigmatisation Theresia Winters im Jahr 1846 in Dorsten. Im christlichen Kontext wird von einer Stigmatisation gesprochen, wenn ein lebendiger Mensch die fünf Wundmale Christi an beiden Händen, Füßen, der Seite und dem Haupt aufweist. Am 19. Januar 1846 veröffentliche Pater Heinrich Gossler, Beichtvater von Theresia Winter, ohne Erlaubnis seines Bischofs die Broschüre „Die Dornen Krone, mit biblisch-katholisch-kirchlichen Auslegungen oder: Das zeigende Zeichen in Dorsten bei Münster in Westphalen“, welche in der breiten Öffentlichkeit für einiges Aufsehen sorgte. In ihr beschreibt der Pater die Stigmatisation von Theresia Winter sowie andauernde Zustände der Ekstase und Visionen, welche seit dem 01. Januar 1946 täglich fortgedauert hätten. Neben Blutungen an der rechten Seite und des Herzens, beklagte Winter Schmerzen in Händen und Füßen. Außerdem wurde sie laut Gossler von dutzenden Zeugen in einer schwebenden Gebetshaltung beobachtet, sie überkamen zahlreiche Visionen und tat ferner Weisheiten kund. Ihre Arbeit eröffnet die Verfasserin mit einigen grundlegenden Begriffserklärungen und Perspektiven auf den Begriff des Wunders. Mit der Beschreibung der religiös angespannten Situation des katholischen Westfalens unter protestantisch-preußischer Herrschaft in den 1840er Jahren erarbeitet sie dezidiert den historischen Kontext zur Zeit der (angeblichen) Stigmatisation. Den Hauptteil ihres Beitrag bildet eine multiperspektivische Konfliktanalyse, in der die Rolle der Theresia Winter, des Paters Heinrich Gosslers, des Staates, der Kirchenvertreter, der Bevölkerung und der Wissenschaft gleichermaßen Beachtung finden. So gab es am 11. Februar 1846 wilde Proteste der Bevölkerung in Dorsten, bei welcher die Bürger mit Äxten, Hacken oder Eisenstangen bewaffnet vor dem Franziskaner-Kloster gegen die geplante Versetzung ihres Pfarrers Gossler demonstrierten. In ihrem Fazit hebt die Autorin eben diesen großen Rückhalt des Pfarrers in der dorstener Bevölkerung als einen Grund hervor, der zur größeren Eskalation des Konfliktes führte, welchen sie als ein Guss von Öl ins Feuer zwischen protestantischem Staat und katholischer Kirche bewertet. Die Autorin stellt ihren Beitrag auf ein breites Fundament an Quellen und Sekundärliteratur, führte außerdem ein im Anhang beigefügtes Interview mit dem Historiker Bernward Schulze, welcher zu dem Thema bereits einen Artikel veröffentlichte.