„Politisch schwer belastet“ oder „unbedenklich“? Die Rückkehr des Rassenhygienikers Otmar Freiherr von Verschuer auf den Lehrstuhl in der Nachkriegszeit

Melina Mauß

Schulen: Friedensschule;
Jahrgangsstufen: 9
Beitragsart: Textbeitrag
Vorhandene Dokumente: Beitrag, Arbeitsbericht
Wettbewerb: Ärgernis, Aufsehen, Empörung: Skandale in der Geschichte (2010-2011) (Detail)
Zeitraum von: 1896
Zeitraum bis: 2011
Signatur: 4 SAB 939
Umfang: 124 S.
Auszeichnungen: nicht erfasst
Untersuchte Orte: WWU Münster
Persönlichkeiten: Verschuer, Ottmar von
Institutionen: nicht erfasst
Tutoriert: Ja
Beitragszusammenfassung:

Zum Sommersemester 1951 wurde Otmar Freiherr von Verschuer auf den Lehrstuhl für Humangenetik an der Universität Münster berufen. Nachdem noch durch die britischen Besatzer etwa ein Drittel des Lehrpersonals im Zuge der Entnazifizierungen entlassen worden waren, wurde mit Verschuer ein während der NS-Herrschaft auf dem Feld der „Rassenhygiene“ und der rassistischen Propaganda sehr aktiver Wissenschaftler auf diesen Lehrstuhl berufen. Die durch einen sehr umfangreichen Anhang aus zahlreichen Archivalien komplettierte Arbeit setzt sich ausführlich mit Verschuers Mitwirken am Rassenwahn und der Rassenforschung des Dritten Reichs auseinander. Unter anderem war er bis zu seiner Berufung als Direktor des „Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik“ in Berlin-Dahlem 1942, assistiert von niemand anderem als Josef Mengele, Professor der medizinischen Fakultät der Universität Frankfurt am Main. Die Notwendigkeit der Einrichtung von Instituten und Forschungsstellen für menschliche Vererbungslehre ermöglichte jedoch eine baldige Rückkehr Verschuers in den akademischen Betrieb. Die Arbeit rekonstruiert vor allem die Netzwerkstruktur im Wissenschaftsbereich als Grundlage nicht nur Verschuers rascher Rückkehr. Als eigentlichen Skandal verortet die Arbeit vor allem die erst spät erfolgende Aufarbeitung und immer noch sehr mangelhafte Aufklärung über die Einstellung von Wissenschaftlern wie Verschuer. In dessen Fall begann die Vergangenheitsarbeit intensiv erst 2004 mit der Examensarbeit eines Studenten. Wie unstrukturiert, mit wenig Reichweite und teils immer noch zögerlich diese bis in die Gegenwart verläuft, zeigt eine Reihung von Statements aus dem Wissenschaftsbetrieb, die der Autor zuvor mittels eines Fragebogens erfasst hat.