Fremde Arbeiter bauen den Dortmund-Ems-Kanal

Marcus Schmitz

Schulen: Wilhelm-Hittorf-Gymnasium;
Jahrgangsstufen: 9
Beitragsart: Textbeitrag
Vorhandene Dokumente: Beitrag, Arbeitsbericht
Wettbewerb: Unser Ort - Heimat für Fremde? (1988-1989) (Detail)
Zeitraum von: 1724
Zeitraum bis: 1914
Signatur: 4 SAB 077
Umfang: 126 S.
Auszeichnungen: 1. Bundespreis
Untersuchte Orte: Dortmund-Ems-Kanal, Herz-Jesu-Viertel, Münster
Persönlichkeiten: nicht erfasst
Institutionen: nicht erfasst
Tutoriert: Ja
Beitragszusammenfassung:

In einem Stadtteil von Münster, der von seinen Bewohnern „Herz-Jesu-Viertel“, von vielen Münsteranern aber „Klein-Muffi“ genannt wird, hatte sich von 1892 an eine größere Zahl von Ausländern niedergelassen, hauptsächlich Polen, Holländer und Italiener. Diese Fremdengruppe war ebenso wie die Gruppe der Fremden aus anderen Teilen Deutschlands bis 1899 beim Bau des Dortmund-Ems-Kanals beschäftigt. Die Kanalarbeiter sollten nach Fertigstellung des Kanals wieder in ihre Heimatregionen zurückgehen, viele Ausländer mußten das Reich zwangsweise verlassen. Trotzdem siedelten sich viele von ihnen in einem später eingemeindeten Ort am Hafen an; Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit wirkten jedoch noch lange nach: auch heute noch wird „Klein-Muffi“ als „Messerstecherviertel“ bezeichnet. Der Verf. geht den Spuren dieser Arbeiter nach, was sich anfangs als schwierig erweist, weil in den meisten Quellen die arbeitenden Menschen hinter technische Einzelheiten und Angaben über Kosten bzw. Nutzen des Bauwerks zurückgedrängt werden und außerdem viele Akten „in Sütterlin“ abgefaßt sind. In systematischer Auswertung von Literatur und Archivakten schreibt der Verf. eine Sozialgeschichte des Kanalbaus im engeren Bauabschnitt Münster. Detailliert dargestellt werden Vorgeschichte, Planung, Bauausführung und verkehrstechnisch-ökonomische Bedeutung des Kanals. Einem Überblick über die Gesamtzahl der Arbeiter folgen eine Aufschlüsselung nach einheimischen und fremden Arbeitern aus dem Reich sowie ausländischen Arbeitern, eine Darstellung des Arbeitsalltages in der Bauabteilung Münster und des Arbeiterlebens „nach Feierabend“ (Unterbringung, Verpflegung, seelsorgerische Betreuung). Der Verf. berichtet über das Auftreten von Krankheiten (Cholera, Pocken, Trachom, Krätze) und die medizinische Versorgung, die er als „überdurchschnittlich gut“ bewertet. Besondere Probleme entstanden jedoch vor allem für die ausländischen Arbeiter durch die Arbeitslosigkeit im Winter. Neue Schwierigkeiten tauchten für die mehr als 4000 Arbeiter nach Beendigung der Erdausschachtungen auf: nur einige hundert wurden bei den Kunstbauten weiterbeschäftigt. Einige Dutzend Kanalarbeiter siedelten sich in der Arbeiter-„Colonie Werse-Delstrup“ an: „Ihr persönliches Schicksal vermischte sich später mit der Geschichte des Herz-Jesu-Viertels. So ist es zu erklären, dass heute meist nur noch Anekdoten aus dieser Zeit überliefert sind“; einige davon berichtet der Verf. aus Interviews mit Zeitzeugen (z. B. einem einheimischen Metzgermeister). Auf einem der wenigen Fotos, die Arbeiter zeigen, entdeckt Markus Schmitz den Schachtmeister Ognibendi, über den er zuvor im Staatsarchiv zwei Quellen gefunden hatte, und es gelingt ihm, dessen jüngsten, 82jährigen Sohn ausfindig zu machen, der ihm hilft, die Lebensgeschichte des Vaters zu rekonstruieren, der sich in Münster ansiedelte, verheiratete und später im Range eines Stadtbausekretärs von der Stadtverwaltung eingestellt wurde. Die Arbeit enthält einige Dokumente, Abbildungen und Fotos.