„Von dort kamen wir, wohin gehen wir jetzt?“ Die gemeinsame Schulzeit am Hammonense als Schnittpunkt im Leben geflüchteter DDR-Schüler

Gunda Wiegard

Schulen: Schillergymnasium;
Jahrgangsstufen: 12
Beitragsart: Textbeitrag
Vorhandene Dokumente: Beitrag, Arbeitsbericht
Wettbewerb: Ost-West-Geschichte(n) - Jugendliche fragen nach (1994-1995) (Detail)
Zeitraum von: 1958
Zeitraum bis: 1990
Signatur: 4 SAB 171
Umfang: 276 S.
Auszeichnungen: 2. Bundespreis
Untersuchte Orte: DDR
Persönlichkeiten: nicht erfasst
Institutionen: nicht erfasst
Tutoriert: Ja
Beitragszusammenfassung:

Thema des Beitrags sind die Ost-West-Erfahrungen von DDR-Flüchtlingen, die in den Jahren 1958-64 am Staatlichen Gymnasium Hamm in speziellen Förderkursen ihre in Ostdeutschland begonnene Schullaufbahn fortgeführt und mit dem Abitur abgeschlossen haben. Im ersten Teil wirft die Verf. zunächst einen differenzierten Blick auf einzelne Konfliktfelder in der DDR, die für die Mehrzahl der betreffenden Flüchtlinge prägend waren: auf die Konfrontation zwischen Kirche und SED-Regime, die Ideologisierung der Schule, die staatlichen Jugendorganisationen und das Bild vom Westen. Anschließend faßt sie zusammen, was ihr von den Absolvent(inn)en der Kurse über die eigene Flucht – über Hintergründe, Vorbereitungen, Gefühle und die Sicht heute – berichtet wurde. Nachdem sie Eindrücke und mentale Umstellungsprobleme der ersten Zeit im Westen geschildert hat, geht die Verf. im zweiten Teil auf die Rahmenbedingungen der Monate am Hammer Gymnasium ein. Die Unterbringung in Gastfamilien und die Finanzierung finden hier ebenso Erwähnung wie besondere schulische Schwierigkeiten in den Förderkursen, wie das Lehrer-Schüler-Verhältnis und die Organisation der Kurse, wie Solidaraktionen für die Flüchtlinge oder Veranstaltungen außerhalb des Unterrichts. Zum Schluß hält die Autorin fest, wie die Betroffenen die Monate bis zum Abitur heute sehen, wie sie die Festigung der Teilung in den folgenden Jahren, Kontakte in die alte Heimat und die Wendezeit erlebt haben. Die Verf. legt eine Untersuchung vor, die auf Gemeinsamkeiten und allgemeine Hintergründe der angesprochenen thematischen Aspekte, aber immer wieder auch auf die Individualität des Einzelschicksals abhebt. Resümierend betont die Schülerin den schwierigen inneren Weg, den die Flüchtlinge vor dem Hintergrund des Wechsels vom einen politischen Erfahrungsraum in den anderen zu gehen hatten. Die Beschäftigung mit den Erfahrungen, die die Flüchtlinge im Zuge ihrer Integration in die westliche Gesellschaft gemacht haben, bewertet sie dabei als Chance, aktuelle Probleme des Vereinigungsprozesses besser zu verstehen. Die Autorin hat für ihren Beitrag 24 Absolvent(inn)en der Hammer Förderkurse sowie weitere elf Beteiligte - Lehrer, Gasteltern, die Frau des zuständigen Mitarbeiters der Jugendsozialhilfe, die Frau des Schuldirektors etc. - interviewt. Überdies hat sie Archivalien, private Dokumente und Literatur berücksichtigt. Die schriftlichen Quellen und v. a. die Interviews, aus denen sie immer wieder zitiert, macht sie zur Basis einer facettenreichen wissenschaftlichen Darstellung.